22. April 2008
Es ist wieder Zeit für einen kleinen Lagebericht. Ich hatte garnicht realisiert, daß der letzte Eintrag schon über dem Verfallsdatum liegt. Für uns vergehen die Wochen rasend schnell. Mit den kleinen Aufs und Abs wollten wir hier niemanden langweilen.
Von außen betrachtet hat sich nichts verändert. Auf Tanjas Speiseplan stehen nach wie vor die Infusionen an erster Stelle. Normale Ernährung ist wie russisches Roulette - einzig mit dem Unterschied, daß fünf Patronen in der Trommel stecken. Damit kommen wir inzwischen ganz gut klar. Ich habe mich daran gewöhnt, mir ohne schlechtes Gewissen beim Essen zuschauen zu lassen und Tanja macht es (fast) nichts mehr aus, beim Schlafen an die Suppentüte gekettet zu sein. Fast haben wir vergessen, wie es vorher war.
Wir würden diesen Zustand sogar für alle Ewigkeit akzeptieren. Die Krankheit hat es geschafft, unseren Blick auf das Wesentliche zu lenken. Wir sind in einem Maße glücklich miteinander, wie wir es vorher nicht für möglich gehalten hätten und haben nur den einen Wunsch, diesen Kelch nicht bis zur Neige leeren zu müssen.
Leider gaben die Erkenntnisse der letzten Woche keinen Anlass zu gesteigertem Optimismus. Anhand der Ultraschallergebnisse sieht es so aus, als würde die bisherige Therapie nicht mehr funktionieren. Zum Glück gibt es noch eine Antikörpertherapie, die bei Tanja angewandt werden kann. Vectibix ist ein Medikament, das ähnlich wie Erbitux, was Tanja vorher bekam, an die Rezeptoren der Tumorzellen andocken soll, um so deren Wachstum zu verhindern. Leider gibt es hier in Deutschland noch nicht sehr viel Erfahrungen damit, aber wir bringen ihm trotzdem einen großen Vetrauensvorschuß entgegen.
Die neue Therapie verläuft auch in einem anderen Rythmus: Tanja muß nun nur noch alle 14 Tage in die Tagesklinik. Dadurch verlängern sich die Erholungspausen, was ihrem Allgemeinbefinden sicherlich zugute kommt.
Bei all diesen Sorgen versuchen wir aber, unseren Tagesablauf so normal wie möglich weiterzuleben. Tanja geht (mit seltenen Ausnahmen) für einige Stunden ins Büro, trifft sich mit ihren Freundinnen und geht zum Gitarrenunterricht. Ich versuche, keine Trainingslücken entstehen zu lassen und gehe meinen anderen Hobbies nach.
Die gemeinsamen Stunden genießen wir ganz intensiv und schaffen es auch immer, uns gegenseitig wieder aufzurichten, wenn doch einer einmal einen Hänger hat (meist bin ich es).
Nun seid Ihr ersteinmal wieder im Bilde. Vielleicht habt Ihr bemerkt, daß es auf der Seite (rechts oben) jetzt ein Gästebuch gibt, für das man keine Registrierung benötigt. Wir freuen uns über jeden Eintrag.
Vor kurzem lief im ZDF ein Beitrag über Sophie van der Stap- eine junge Holländerin, die sich ebenfalls der Diagnose Krebs stellen mußte. Solche Berichte sind es, die uns den Mut nicht verlieren lassen. Tanja ist übrigens auf dem besten Wege, Sophie in der Perückenanzahl zu übertreffen. Anbei zum Beweis ein unzensiertes Gruppenfoto