Sonntag, 29. Juni 2008

Aktuelles vom Hartholz

29. Juni 2008

Da ich weiß, daß man verunsichert wird, wenn sich auf dieser Seite lange nichts tut, will ich einen kurzen Lagebericht geben:
Ob und wie sich Tanjas Zustand verändert hat, kann ich eigentlich kaum einschätzen. Nachdem sie in den letzten Wochen immer wieder über starke Rückenschmerzen klagte, haben wir in Absprache mit den Ärzten die Morphiumgaben seit Freitag wieder erhöht. Nun ist sie (bis auf kurze Einzelfälle) wenigstens schmerzfrei. Der Preis dafür ist ständige Müdigkeit, was ihr eigentlich ziemlich gegen den Strich geht. Doch Schmerzen wollen wir nicht mehr riskieren.
Gleichzeitig ist sie wieder um mehr Selbstständigkeit bemüht. Hat sie es in der letzten Zeit sehr genossen, sich von uns bemuttern zu lassen, so will sie jetzt viele Dinge wieder allein erledigen. Oftmals reicht jedoch die Kraft nicht aus und zu ihrem Verdruß muß sie dann um Hilfe rufen.
Verzweifelt versucht sie, durch körperliche Betätigung den Kräfteverfall aufzuhalten. Dabei treiben ihr kleinere Rundgänge durch den Garten dicke Schweißtropfen auf die Stirn und der Aufstieg zum Schlafzimmer im Obergeschoß gestaltet sich zur sportlichen Höchstleistung.
Sie hätte es so sehr verdient, wieder gesund zu werden...

Dienstag, 17. Juni 2008

Wasserstandsmeldung

17. Juni 2008

Nun ist es schon zwei Wochen her, daß wir das Krankenhaus verlassen haben und langsam haben wir etwas Routine in die häuslichen Abläufe gebracht. Man darf sich darunter allerdings nicht vorstellen, daß die Tage exakt nach Fahrplan ablaufen. Dazu ist Tanjas Zustand zu großen Schwankungen unterworfen.
Im Wesentlichen hat sie sich (meiner Meinung nach) stabilisiert. Sie hat an Gewicht zugenommen und eine gesündere Gesichtsfarbe. Problematisch ist nach wie vor die Flüssigkeitsabfuhr durch die Magensonde, da diese ständig verstopft. Eine Blutuntersuchung in der letzten Woche hat zu einer größeren Transfusion geführt. Es war uns vorher schon aufgefallen, daß sie ohne ersichtlichen Grund immer kraftloser wurde. Das ist nun wieder in Ordnung.
Ein weiteres Novum sind Flüssigkeitsstaus in den Beinen. Vielleicht waren die anfänglichen Elektrolytmengen nach ihrer Trockenphase letztendlich doch etwas hoch. Die Ärzte haben sie jetzt etwas reduziert und zusätzlich ein Entwässerungsmittel verordnet. Stundenlange Fußmassagen durch ihre Mutter haben auch hier die Lage schon etwas entschärft.

Ungeachtet all dieser Widrigkeiten des Alltags schafft es Tanja immer noch, ihrer Lage viel Positives abzugewinnen und freut sich, mit uns zusammen zuhause sein zu können. Die zahlreichen Besuche von Verwandten, Freunden und Kollegen haben sie zwar hin und wieder etwas erschöpft, aber sie haben ihr auch gut getan und sie hat sie genossen.

Wir sind von der großen Anteilnahme und Hilfsbereitschaft sehr berührt und möchten uns ganz herzlich dafür bedanken. Es hilft uns sehr, mit der Situation fertigzuwerden.

Donnerstag, 5. Juni 2008

wieder zuhause

05. Juni 2008

Wie die vielen Anrufe beweisen, hat sich die Nachricht von Tanjas Entlassung aus dem Krankenhaus bereits (zumindest regional) herumgesprochen.
Nachdem wir zum Ablauf des Wochenendes wieder einigermaßen klar denken konnten, haben wir natürlich überlegt, wie es nun weitergehen soll. Einerseits fühlten wir uns im Krankenhaus sehr sicher, da auf Knopfdruck jederzeit sofort Hilfe angefordert werden konnte, andererseits empfanden wir die Situation aber auch als belastend. Eine Palliativstation ist kein Wellnesstempel und ein Einzelzimmer dort kein VIP-Privileg. Durch die Abläufe auf der Station gab es kaum längere Ruhepausen und neben unserem Kummer waren wir inzwischen auch physisch schon etwas erschöpft.
Deshalb waren wir am Montag sehr erfreut, daß die Ärzte sofort unsere Bemühungen unterstützten, Tanja zu Hause selbst pflegen zu wollen. Mit den nötigen Instruktionen und Utensilien versorgt, durften wir am Dienstag die Heimreise antreten.
Für Tanja hätte es keine schönere Nachricht geben können.
Heute ist nun schon unser dritter Tag zuhause und langsam bekommen wir wieder etwas System in den Tagesablauf. Die erste Zeit war von einiger Hektik gekennzeichnet. Unser Wohnzimmer glich der Unfallstelle eines Pharmazietransporters: überall Medikamente, Verbandszeug, Infusionszubehör und nie fand man das, was gerade benötigt wurde. Dazu nahm uns auch Tanjas Bedürfnis nach permanentem Flüssigkeitsbedarf stark in Anspruch. Nach unseren Hochrechnungen hat sie täglich zwischen 30 - 40 Litern getrunken. Diese Mengen wollen ersteinmal bewältigt sein. Das größte Problem war dabei, daß andauernd die Magensonde verstopfte und wir sie dann sehr mühselig und für Tanja unangenehm freispülen mußten.
Selbstkritisch müssen wir eingestehen, daß wir eine Mitschuld an ihren neuerlichen Strapazen haben. Unser Mißtrauen gegenüber den regelmäßigen Morphiumspritzen im Krankenhaus hatte die Ärzte dazu bewogen, einen Versuch nur mit Schmerzpflastern zuzulassen. Das scheint jedoch nicht zu funktionieren und wir sind inzwischen wieder auf turnusmäßige Injektionen umgestiegen. Die Dosierung ist noch nicht sehr hoch (soweit wir etwas davon verstehen) und Tanja ist bei klarem Verstand, scheint aber den Druckschmerz nicht zu bemerken, den die nach wie vor auftretenden Sondenverstopfungen bewirken.
Gestern ist nun auch ihre Mutter bei uns eingetroffen, der die deutsche Botschaft in Moskau, trotz des dringenden Faxes aus dem Krankenhaus, die vorfristige Einreise nicht genehmigt hat.
Der Blick aus dem Fenster zeigt im Moment eigentlich ein schönes Bild. Tanja liegt eingemummelt unter dem Kirschbaum auf dem Schaukelbett, das ich ihr zum Hochzeitstag geschenkt habe und freut sich über unsere Nähe und ihr schönes Zuhause.
Ich denke, wir hätten keine bessere Entscheidung treffen können.

An dieser Stelle ein kleiner Hinweis an alle, die das Bedürfnis haben, sie anzurufen bzw. zu besuchen: Tanja freut sich nach wie vor über jegliche Kontaktaufnahme und auch wir möchten Euch darin bestärken, sie spüren zu lassen, daß sie dazugehört. Eine ihrer Stärken, niemals Schwäche zu zeigen ist dabei jedoch nun zu einem Problem geworden. Sie hat eine derartige Selbstbeherrschung und Ausstrahlung, die schnell vergessen lassen, wie krank sie ist. Sie scherzt und plaudert wie immer und hat aber noch nicht wieder die alte Kraft dazu. Solltet Ihr also mit ihr sprechen bzw. sie besuchen wollen, so tut das unbedingt - aber dehnt diese Gespräche nicht so lange aus. Eine telefonische Nachfrage, ob Besuch möglich ist, halte ich für sehr sinnvoll, wobei Ihr aber auch einkalkulieren müßt, daß sie evtl. gerade schläft, wenn Ihr dann hier seid. Es wird deswegen trotzdem niemandem die Tür vor der Nase zugeschlagen. Wenn Ihr genügend Zeit mitbringt, können wir gerne solange schwatzen, bis sie aufwacht. Meist dauert das nicht sehr lange.
Natürlich hoffen wir, daß sie wieder genügend Kraft sammelt, um diese "Besuchsregeln" nicht lange aufrechterhalten zu müssen.