Donnerstag, 4. Dezember 2008

Das kriegen wir schon hin

04. Dezember 2008

„Keine Angst, das kriegen wir schon hin. Heute bin ich nur ein wenig müde aber morgen geht es mir besser. Du wirst es schon sehen.“
Mit genau diesem Satz und ihrem bezaubernden Lächeln dazu hat es Tanja bis zuletzt immer wieder geschafft, mich mit ihrem Optimismus anzustecken. Diese strahlenden Augen und dieser Brustton der Überzeugung- da konnte einfach nichts schiefgehen. Mit ihrer Aura schaffte sie es, uns die zuletzt schon deutliche Zeichnung durch die Krankheit einfach übersehen zu lassen. Da waren immer nur leuchtende Augen und eine fröhliche Stimme.
Und wirklich, sie hat es hingekriegt. Anders, als ich, alle anderen und sie selber wohl auch, es uns gewünscht haben.
Es geht ihr jetzt besser, weil es schlechter schon nicht mehr gehen konnte.
Und wir haben es hingekriegt, vor dem Unvermeidlichen keine Angst zu haben, sondern jede verbleibende Sekunde zu genießen.
Deshalb kann ich auch sicher sein, daß es mir morgen besser gehen wird, auch wenn ich heute manchmal etwas müde bin.
Ich kriege das hin !

Sonntag, 16. November 2008

happy? Birthday

16. November 2008


Da ist er nun also, mein erster Geburtstag nach der neuen Zeitrechnung. Die Bedeutung dieses Tages für mich hat sich im Leben mehrmals verändert. In der Kindheit war er ein riesiges Ereignis und in der Nacht davor konnte ich vor Aufregung meist kaum schlafen. In späteren Jahren war es ein Tag, der einfach Anlass für eine Fete mit Freunden bot. Die waren zwar immer toll- aber sie hätten dieses Anlasses nicht unbedingt bedurft. Wir hätten auch einen anderen gefunden.
Erst durch Dich hat mein Geburtstag wieder an Bedeutung gewonnen. Es fing immer damit an, dass Du, die Langschläfer- und Schlafgenießerin in Person, Stunden vor dem offiziellen Wecksignal leise aus dem Bett krabbeltest- in der Meinung, dass ich noch schliefe und nichts mitbekäme. Für mich dauerte es dann immer eine Ewigkeit, bis der Radiowecker ansprang und ich endlich aufstehen durfte. Du hattest in dieser Zeit einen liebevollen Geburtstagstisch gezaubert- mit Blumen, Kerzen, Sekt und freutest Dich diebisch, dass es Dir wieder gelungen war, das von mir unbemerkt hinbekommen zu haben. Jahr um Jahr das gleiche, schöne Ritual. Deine Geschenke haben mich dann aber wirklich immer fast vom Hocker gehauen. Sie waren mit soviel Bedacht und Liebe ausgewählt und immer etwas Besonderes. Vor einigen Jahren z.B. die Karten für die AIDS-Gala. Du hattest alles lange vorher ausgeheckt- wie Ihr mich ins Auto bekommen und widerstandslos zu einem unbekannten Ziel befördern könnt, dass dann zunächst ein ziemlich heruntergekommenes Hotel in Berlin war (Rudi hatte die Kosten optimiert). Letztendlich fanden wir uns im feinen Zwirn im Opernhaus wieder, wo sich ein hochkarätiges Publikum von Loriot durch einen gigantischen Konzertabend moderieren ließ. Anschließend mischten wir uns unter die Creme de la Creme und waren für ein paar Stunden Teil einer Glamourwelt, die man sonst nur vom Fernsehen kennt. Hier warst Du in Deinem Element meine liebe „Dame vonne Welt“. Dem Starvisagisten, der an diesem Abend der Hautevolee kostenlos die Lidstriche nachzog und die Nasen puderte war anzusehen, wie er ins Grübeln kam, als Du ihm auf die Frage hin, wer Du seiest, ohne mit der Wimper zu zucken antwortetest „Fürstin Tatjana von Stapelburg“. An diesem Abend und in diesen Kreisen lag das durchaus im Bereich des Möglichen und er gab sich alle Mühe, seine Unkenntnis von der Existenz einer solchen Fürstin zu überspielen. Es war jedenfalls ein beeindruckender und schöner Abend in dieser fremden Welt und ich möchte mich noch nachträglich dafür entschuldigen, dass es so lange gedauert hat, bis ich diesen Abend genießen konnte, weil ich bis dahin viel zu viel Energie in den Gedanken verwandte, dass wir uns das alles eigentlich gar nicht leisten können. Es war so klug von Dir, uns solche unvergesslichen Momente im Leben zu bereiten und ich weiß nicht, ob ich es in dem Maße geschafft habe, Dich meinen Dank und meine Bewunderung für Dich spüren zu lassen, wie ich es gern getan hätte. Aber eigentlich bin ich mir sicher, dass Du empfunden hast, wofür mir die Worte fehlten.

Heute ist Sonntag und die Uhr zeigt gerade 6:00.

Um 13:00 treffe ich mich mit meinen Geburtstagsgästen, unseren Freunden, am Blochhauer. Wir wollen durch unsere herrliche Landschaft, die Du auch so gemocht hast, zu Dir wandern, um Dich wenigstens auf diese Art bei uns zu haben. Anschließend fahren wir zu uns nach Hause und werden Geburtstag feiern. Ich weiß, dass ich Deine Festtafeln nicht toppen kann, aber ich habe mir alle Mühe gegeben und ich hoffe, dass es ein schöner Abend wird.

Also bis nachher nenangladnaja. Leider brauch ich Dich nun nicht mehr zur Eile antreiben, damit wir pünktlich sind.

Dienstag, 28. Oktober 2008

MEWZ

28. Oktober 2008

Am Wochenende wurden die Uhren umgestellt. Nun haben wir wieder Winterzeit. Nach Feierabend wird es jetzt schnell dunkel und die Temperaturen sind merklich zurückgegangen. Es ist wie in jedem Jahr.
Langsam muß ich die Zimmerpflanzen ins Haus holen, die wir im Frühjahr immer ins Freie stellen.
Die Kirschbäume sehen noch hübsch aus mit ihrem bunten Laub, obwohl ich schon etliches davon weggeharkt habe.
Die Regentonnen habe ich diesmal rechtzeitig entleert, damit sie nicht wieder kaputtfrieren.
Jetzt muß ich nur noch an die Winterreifen denken und Frostschutzmittel in die Scheibenwaschanlage füllen- alles wie immer.
Und doch nicht wie immer! Und alles ganz anders!
Die Zimmerpflanzen werden es in diesem Jahr besser haben. Das Wohnzimmer wird nicht mehr geheizt, weil sich niemand darin aufhält- für Pflanzen ideal.
Die Blätter dieses Jahres waren die Letzten, über deren zartes Grün wir uns im Frühjahr gemeinsam gefreut haben.
Zudem ist ein neuer Baum hinzugekommen, um dessen Laub ich mich nun kümmern muß. Es ist eine Eiche, die ihre Äste über einen Erdhügel breitet.
Der Fuhrpark, den ich zu betreuen habe, ist kleiner geworden.
Ich habe jetzt weniger zu tun.

Mittwoch, 9. Juli 2008

Abschied

Die Beerdigung findet am Freitag, den 11. Juli 2008 um 11.00 Uhr auf dem städtischen Friedhof in Wernigerode (OT Hasserode) statt.
(Anfahrt)

Dienstag, 8. Juli 2008

Sie hat jeden Raum mit Sonne geflutet ...


08. Juli 2008

Heute um 12.55 Uhr ist Tanja im Krankenhaus friedlich eingeschlafen.
Wir danken Euch, daß Ihr ihr bei ihrem Kampf so lange den Rücken gestärkt habt.

Sonntag, 29. Juni 2008

Aktuelles vom Hartholz

29. Juni 2008

Da ich weiß, daß man verunsichert wird, wenn sich auf dieser Seite lange nichts tut, will ich einen kurzen Lagebericht geben:
Ob und wie sich Tanjas Zustand verändert hat, kann ich eigentlich kaum einschätzen. Nachdem sie in den letzten Wochen immer wieder über starke Rückenschmerzen klagte, haben wir in Absprache mit den Ärzten die Morphiumgaben seit Freitag wieder erhöht. Nun ist sie (bis auf kurze Einzelfälle) wenigstens schmerzfrei. Der Preis dafür ist ständige Müdigkeit, was ihr eigentlich ziemlich gegen den Strich geht. Doch Schmerzen wollen wir nicht mehr riskieren.
Gleichzeitig ist sie wieder um mehr Selbstständigkeit bemüht. Hat sie es in der letzten Zeit sehr genossen, sich von uns bemuttern zu lassen, so will sie jetzt viele Dinge wieder allein erledigen. Oftmals reicht jedoch die Kraft nicht aus und zu ihrem Verdruß muß sie dann um Hilfe rufen.
Verzweifelt versucht sie, durch körperliche Betätigung den Kräfteverfall aufzuhalten. Dabei treiben ihr kleinere Rundgänge durch den Garten dicke Schweißtropfen auf die Stirn und der Aufstieg zum Schlafzimmer im Obergeschoß gestaltet sich zur sportlichen Höchstleistung.
Sie hätte es so sehr verdient, wieder gesund zu werden...

Dienstag, 17. Juni 2008

Wasserstandsmeldung

17. Juni 2008

Nun ist es schon zwei Wochen her, daß wir das Krankenhaus verlassen haben und langsam haben wir etwas Routine in die häuslichen Abläufe gebracht. Man darf sich darunter allerdings nicht vorstellen, daß die Tage exakt nach Fahrplan ablaufen. Dazu ist Tanjas Zustand zu großen Schwankungen unterworfen.
Im Wesentlichen hat sie sich (meiner Meinung nach) stabilisiert. Sie hat an Gewicht zugenommen und eine gesündere Gesichtsfarbe. Problematisch ist nach wie vor die Flüssigkeitsabfuhr durch die Magensonde, da diese ständig verstopft. Eine Blutuntersuchung in der letzten Woche hat zu einer größeren Transfusion geführt. Es war uns vorher schon aufgefallen, daß sie ohne ersichtlichen Grund immer kraftloser wurde. Das ist nun wieder in Ordnung.
Ein weiteres Novum sind Flüssigkeitsstaus in den Beinen. Vielleicht waren die anfänglichen Elektrolytmengen nach ihrer Trockenphase letztendlich doch etwas hoch. Die Ärzte haben sie jetzt etwas reduziert und zusätzlich ein Entwässerungsmittel verordnet. Stundenlange Fußmassagen durch ihre Mutter haben auch hier die Lage schon etwas entschärft.

Ungeachtet all dieser Widrigkeiten des Alltags schafft es Tanja immer noch, ihrer Lage viel Positives abzugewinnen und freut sich, mit uns zusammen zuhause sein zu können. Die zahlreichen Besuche von Verwandten, Freunden und Kollegen haben sie zwar hin und wieder etwas erschöpft, aber sie haben ihr auch gut getan und sie hat sie genossen.

Wir sind von der großen Anteilnahme und Hilfsbereitschaft sehr berührt und möchten uns ganz herzlich dafür bedanken. Es hilft uns sehr, mit der Situation fertigzuwerden.

Donnerstag, 5. Juni 2008

wieder zuhause

05. Juni 2008

Wie die vielen Anrufe beweisen, hat sich die Nachricht von Tanjas Entlassung aus dem Krankenhaus bereits (zumindest regional) herumgesprochen.
Nachdem wir zum Ablauf des Wochenendes wieder einigermaßen klar denken konnten, haben wir natürlich überlegt, wie es nun weitergehen soll. Einerseits fühlten wir uns im Krankenhaus sehr sicher, da auf Knopfdruck jederzeit sofort Hilfe angefordert werden konnte, andererseits empfanden wir die Situation aber auch als belastend. Eine Palliativstation ist kein Wellnesstempel und ein Einzelzimmer dort kein VIP-Privileg. Durch die Abläufe auf der Station gab es kaum längere Ruhepausen und neben unserem Kummer waren wir inzwischen auch physisch schon etwas erschöpft.
Deshalb waren wir am Montag sehr erfreut, daß die Ärzte sofort unsere Bemühungen unterstützten, Tanja zu Hause selbst pflegen zu wollen. Mit den nötigen Instruktionen und Utensilien versorgt, durften wir am Dienstag die Heimreise antreten.
Für Tanja hätte es keine schönere Nachricht geben können.
Heute ist nun schon unser dritter Tag zuhause und langsam bekommen wir wieder etwas System in den Tagesablauf. Die erste Zeit war von einiger Hektik gekennzeichnet. Unser Wohnzimmer glich der Unfallstelle eines Pharmazietransporters: überall Medikamente, Verbandszeug, Infusionszubehör und nie fand man das, was gerade benötigt wurde. Dazu nahm uns auch Tanjas Bedürfnis nach permanentem Flüssigkeitsbedarf stark in Anspruch. Nach unseren Hochrechnungen hat sie täglich zwischen 30 - 40 Litern getrunken. Diese Mengen wollen ersteinmal bewältigt sein. Das größte Problem war dabei, daß andauernd die Magensonde verstopfte und wir sie dann sehr mühselig und für Tanja unangenehm freispülen mußten.
Selbstkritisch müssen wir eingestehen, daß wir eine Mitschuld an ihren neuerlichen Strapazen haben. Unser Mißtrauen gegenüber den regelmäßigen Morphiumspritzen im Krankenhaus hatte die Ärzte dazu bewogen, einen Versuch nur mit Schmerzpflastern zuzulassen. Das scheint jedoch nicht zu funktionieren und wir sind inzwischen wieder auf turnusmäßige Injektionen umgestiegen. Die Dosierung ist noch nicht sehr hoch (soweit wir etwas davon verstehen) und Tanja ist bei klarem Verstand, scheint aber den Druckschmerz nicht zu bemerken, den die nach wie vor auftretenden Sondenverstopfungen bewirken.
Gestern ist nun auch ihre Mutter bei uns eingetroffen, der die deutsche Botschaft in Moskau, trotz des dringenden Faxes aus dem Krankenhaus, die vorfristige Einreise nicht genehmigt hat.
Der Blick aus dem Fenster zeigt im Moment eigentlich ein schönes Bild. Tanja liegt eingemummelt unter dem Kirschbaum auf dem Schaukelbett, das ich ihr zum Hochzeitstag geschenkt habe und freut sich über unsere Nähe und ihr schönes Zuhause.
Ich denke, wir hätten keine bessere Entscheidung treffen können.

An dieser Stelle ein kleiner Hinweis an alle, die das Bedürfnis haben, sie anzurufen bzw. zu besuchen: Tanja freut sich nach wie vor über jegliche Kontaktaufnahme und auch wir möchten Euch darin bestärken, sie spüren zu lassen, daß sie dazugehört. Eine ihrer Stärken, niemals Schwäche zu zeigen ist dabei jedoch nun zu einem Problem geworden. Sie hat eine derartige Selbstbeherrschung und Ausstrahlung, die schnell vergessen lassen, wie krank sie ist. Sie scherzt und plaudert wie immer und hat aber noch nicht wieder die alte Kraft dazu. Solltet Ihr also mit ihr sprechen bzw. sie besuchen wollen, so tut das unbedingt - aber dehnt diese Gespräche nicht so lange aus. Eine telefonische Nachfrage, ob Besuch möglich ist, halte ich für sehr sinnvoll, wobei Ihr aber auch einkalkulieren müßt, daß sie evtl. gerade schläft, wenn Ihr dann hier seid. Es wird deswegen trotzdem niemandem die Tür vor der Nase zugeschlagen. Wenn Ihr genügend Zeit mitbringt, können wir gerne solange schwatzen, bis sie aufwacht. Meist dauert das nicht sehr lange.
Natürlich hoffen wir, daß sie wieder genügend Kraft sammelt, um diese "Besuchsregeln" nicht lange aufrechterhalten zu müssen.

Samstag, 31. Mai 2008

SOS

31. Mai 2008

Liebe Freunde, es wird ernst. Den lockeren Tonfall der vorangegangenen Einträge werde ich nicht länger durchhalten. Gestern hat sich unsere Situation dramatisch verändert. Bei der morgendlichen Visite wurde die Tür geschlossen und die ganze bittere Wahrheit verkündet. Tanja ist auf der Zielgeraden. Es können ihr jetzt nur noch die Schmerzen und jeglicher Leidensdruck genommen werden. Der Arzt war voller Hochachtung vor ihrem einzigartigen Kampf, dem wir zu verdanken haben, überhaupt soweit gekommen zu sein.
Tanja darf sich jetzt endlich von den unendlichen Strapazen dieses Kampfes, der sie ungeheuer viel Kraft gekostet hat, ausruhen. Sie hat sehr viel ausgehalten, um ihre Familie und Freunde nicht mit ihren Problemen zu belasten, uns keine Lebesqualität zu nehmen. Das müssen und wollen wir ihr nun zurückgeben.
Sascha kam sofort aus Leipzig, als er von der Situation erfuhr. Seitdem sind wird rund um die Uhr mit ihr zusammen. So grotesk das an dieser Stelle auch klingen mag: Wir alle und besonders Tanja genießen dieses enge Beisammensein. Sie strömt eine unendliche Zufriedenheit und Glückseligkeit aus, der man sich nicht entziehen kann. Sie küßt und streichelt uns und ist so dankbar für jeden Handgriff, den wir ihr angedeihen lassen. Wir betrachten unsere alten Fotos, freuen uns über die schöne Zeit, die wir miteinander verleben dürfen.
Nach ihrer langen Durststrecke darf sie nun auch endlich wieder trinken und das tut sie ausgiebig. Wir sind nur am Einschenken. Sie hat sich zig Sorten Saft von uns kaufen lassen und die probiert sie nun, mit Sprudelwasser versetzt von rechts nach links und links nach rechts ...
Damit ich es für heute bewenden lassen und werde zurück ins Krankenhaus fahren. Ich hatte es eigentlich nur verlassen, um mich nach Mitteln und Wegen zu erkundigen, das Visum von Tanjas Mutti, das erst ab 04.06.08 gültig ist, ändern zu lassen. Mal sehen, ob die Bürokratie ein Herz hat.

Donnerstag, 29. Mai 2008

und täglich grüßt das Murmeltier

29.Mai 2008

Warum nur mußte ich an diesen Film denken, als ich vorhin aus dem Krankenhaus kam, in dem meine Tanja schon wieder wie ein Häufchen Unglück an den Infusionsständer geklemmt ist?
Wer jetzt ungläubig auf den Kalender schaut, liegt leider richtig mit seiner Vermutung. Auch diesen Urlaub haben wir nicht planmäßig zu Ende gebracht. Trotzdem wir uns so gut vorbereitet und abgesichert hatten, waren ihre Brechattacken nicht zu beherrschen und führten zu einer massiven Dehydrierung. Nachdem wir ihrem Onkologen zunächst zumuten wollten, uns am Telefon Nothilfemaßnahmen zu empfehlen, mußten wir dann die Absurdität dieses Ansinnens eingestehen und machten uns schleunigst auf den Heimweg. Dieser gestaltete sich wirklich zum Horrortrip. Tanja saß zusammengekauert auf dem Beifahrersitz und goß sich Wasser in den Mund, um wenigstens den ausgetrockneten Rachen etwas zu befeuchten. In den Pausen dazwischen mußte sie sich fortwährend übergeben. Sie bestand darauf, ohne anzuhalten, unverzüglich ins Harzklinikum gebracht zu werden. Trotz zweier Staus und anfangs dichtem Berufsverkehr bewältigten wir die Strecke in Rekordzeit. (An die Kollegen in Flensburg: Falls Ihr uns fotografiert haben solltet, laßt bitte Gnade vor Recht ergehen). Gottseidank war ich schneller als der Erlkönig.
In Wernigerode war es dann mit ihrer Selbstbeherrschung vorbei und noch auf dem Parkplatz brach sie zusammen. Nun war die Hilfe aber schon in unmittelbarer Nähe und obwohl es mir viel zu lange vorkam, bis man sich ihrer annahm, und mich die erste Frage nach ihrer Chipkarte fast die Nerven kostete, ging es dann fachkundig zur Sache. Die folgende Nacht hat Tanja zwar immer noch schlaflos und von weiteren Brechanfällen gequält, verlebt, aber heute früh sah man ihr an, daß die Flüssigkeitsspeicher wieder etwas gefüllt waren.
Um solchen Mißgeschicken künftig aus dem Wege zu gehen, hat man ihr heute eine Sonde in den Magen gepflanzt, durch die der Mageninhalt abgeführt werden kann, da der Zwölffingerdarm offensichtlich undurchlässig geworden ist.
Ja, so in etwa muß ich antworten, wenn jemand danach fragen sollte, wie denn der Urlaub gewesen sein...
Aber wir hatten auch ein paar schöne Stunden. Für Tanja war es deshalb so wichtig, daß wir die Reise antraten, weil es ihr Geburtstagsgeschenk für mich gewesen war. Sie hatte sich in Unkosten gestürzt und mir eine Laufwoche beim Laufguru Wessinghage spendiert. Aus den ersten Veranstaltungen habe ich auch viel Interessantes aufnehmen können und Tanja war selig, mir diese Überraschung bereitet zu haben. Bis auf einen kurzen Spaziergang hat sie die gute Seeluft allerdings nur durch das offene Hotelzimmer geatmet. Trotzdem hat sie mir regelmäßig beteuert, wie gut ihr die Luftveränderung bekäme und daß sie nur heute noch ein klein wenig ausruhen wolle, um dann morgen mit frischer Kraft ebenfalls etwas für ihre Fitneß zu tun.
Soweit der Rückblick. Jetzt wird wieder nach vorn geschaut!

Samstag, 24. Mai 2008

Die Kuh ist vom Eis

24. Mai 2008
Nach den vielen Hiobsbotschaften der letzten Tage, will ich uns allen eine kleine Verschnaufpause gönnen.
Das Krankenhaus hat Tanja am letzten Dienstag wieder verlassen. Sie hat es geschafft, daß sich die ganze Mannschaft vom Oberarzt bis zur Schwesternschülerin, angespornt fühlte, sie unbedingt fit für den Urlaub zu machen. Wenn wir uns auch bislang immer schon sehr gut aufgehoben fühlten im Harzklinikum, so hat sich dieses Haus spätestens jetzt seinen sechsten Stern verdient. Uns wurden Arztkontakte am Urlaubsort vermittelt, Medikamente wurden für Tanja ins Hotel bestellt, Arztbriefe wurden ihr für den Fall der Fälle mitgegeben und die Bordapotheke wurde mit allem aufgefüllt, was auch nur im entferntesten gebraucht werden könnte. Es ist sehr berührend, wie sich alle um sie sorgen.
Morgen soll es nun für eine Woche an die Ostsee gehen. Tanja hatte mir diese Reise zum Geburtstag geschenkt und war schon ganz geknickt, daß sie zu platzen drohte. Ich freue mich natürlich riesig, daß sie sich wieder aufgerappelt hat und hoffe, daß wir die Zeit genießen können. Vollkommen abschalten werden wir nicht können, denn spätestens wenn Tanja Durst bekommt und das Wasser aber nicht hinunterschlucken darf, hat uns die Realität wieder.
Das folgende Bild enstand heute Nachmittag im Bürgerpark, wo wir bei Tanjas Gingkobäumchen nach dem Rechten gesehen haben.
So kennen wir sie doch alle, oder?



Samstag, 17. Mai 2008

Vertagte Hochzeitsnacht

17. Mai 2008

Dumm gelaufen. Gestern habe ich noch vollmundig versprochen, Euch ersteinmal zur Ruhe kommen zu lassen, aber ich muß noch ein paar Details zur Hochzeitsnacht loswerden.
Zu unserem kleinen Flitterabend ist es leider nicht gekommen. Tanja rief mich gegen Mittag auf dem Handy an und verkündete mit zittriger Stimme, daß sie direkt aus der Tagesklinik auf Station eingeliefert wurde. Sie hatte sich, nachdem ich zur Arbeit gefahren war, so heftig übergeben müssen, daß sie einen Schwächeanfall bekam und durch den enormen Flüssigkeitsverlust total dehydriert war. Im Krankenhaus begann dann sofort der übliche Untersuchungsreigen: Ultraschall, Gastroskopie... und die Versorgung mit Elektrolyten, um den Wasserhaushalt wieder ins Lot zu bringen.
Als ich sie am Nachmittag besuchte, strahlte sie mich aber schon wieder an, als ob nichts gewesen wäre und versuchte tapfer, mich etwas aufzuheitern. Leider haben wir bis zur Stunde die Untersuchungsergebnisse noch nicht erfahren. Auch die besten Ärzte brauchen ihr Wochenende und so wird man uns frühestens am Montag mitteilen, wie die Dinge liegen. Wir befürchten, daß der Tumor den Zwölffingerdarm verschlossen hat, da in letzter Zeit selbst Flüssigkeit nicht mehr passieren konnte. Über die möglichen Lösungsansätze für dieses Problem wollen wir heute lieber nicht orakeln...
Heute mußte ich ihr jedenfalls eine Thüringer Bratwurst vom Stand an der Schwimmhalle mit ins Krankenhaus bringen. Wer jetzt glaubt er hätte sich verlesen: eine Bratwurst ! Sie habe solchen Appetit darauf ! Sie hat dann auch ganz genüßlich abgebissen, ausgiebig gekaut und anschließend, ohne vorher zu schlucken, alles in den Beutel gespuckt. Ihr müßt Euch das jetzt nicht bildlich vorstellen. Ich wollte es nur zur Illustration benutzen. Ein Hartholz, wie es im Buche steht! Das ist unser größter Trumpf.
So verlief also unser Hochzeitstag. Statt Sekt habe ich mir am Abend eine Tasse Pfefferminztee gekocht.
Für morgen hat sich Tanja übrigens eine Salzgurke bestellt.

Freitag, 16. Mai 2008

Rückblick mit Blickrichtung vorwärts

16. Mai 2008

Da staunt Ihr, was? Die Tinte des letzten Eintrages ist noch nicht ganz trocken und schon wieder tut sich etwas auf dieser Baustelle. Keine Angst- Ihr müßt in Zukunft nicht täglich hier hereinschauen. Die heutige Sonderausgabe hat lediglich den Grund, daß ich mir gratulieren will. Heute auf den Tag genau vor 26 Jahren haben wir in Leningrad geheiratet und für diese gemeinsame Zeit möchte ich mich bei Tanja aus tiefstem Herzen bedanken. Sicher gab es auch in unserer Ehe Zeiten, in denen nicht alles glatt lief. Gemeinsam haben wir den Willen gehabt, diese Tiefen zu überstehen und uns gegenseitig die Kraft dazu gegeben.
Ich bin ungeheuer glücklich, Tanja in dieser schweren Zeit beistehen zu dürfen und hoffe auf weitere schöne Jahre mit ihr zusammen.
Unsere Silberhochzeit vor einem Jahr haben wir noch ganz unbeschwert in St.Petersburg gefeiert. Heute bekommt Tanja statt Sekt ihre Therapie. Wir werden es uns heute abend trotzdem schön machen und gemeinsam unser Glück genießen. Sicher werden wir uns auch diesen Videoschnipsel nocheinmal anschauen, den Sascha im letzten Jahr auf unserer Feier aufgenommen hat:

Carpe diem !

Dienstag, 13. Mai 2008

Mai fair Lady

12. Mai 2008

Der Wonnemonat ist schon ziemlich weit vorangeschritten und es ist wiedereinmal Zeit für einen Lagebericht.
Das herrliche Wetter der letzten Wochen hat Tanjas Lebenslust noch zusätzlich beflügelt. Sie genießt die Sonne und jedes einzelne Gänseblümchen auf der Wiese. Zusammen mit Frank, unserem Freund und Vollblutgärtner, bin ich dem Biotop um unser Haus herum zuleibe gerückt, das bisher leider niemals die Bezeichnung Garten auch nur annähernd verdient hat. Inzwischen haben wir schon einen recht ansehnlichen Zwischenstand erreicht und man benötigt nicht mehr viel Phantasie sich vorzustellen, wie schön es sein wird, wenn die neugepflanzten Blumen und Bäumchen ihre finale Größe erreicht haben werden. So wurde Sascha telefonisch ganz stolz davon in Kenntnis gesetzt, daß seine Mutter jetzt eine tolle russische Pflaume habe...
Wenn ich eingangs schrieb, daß Tanja die Sonne genießt, wird sicher jeder, der sie kennt, das typische Bild vor Augen haben, wie sie immer jede Gelegenheit nutzte, den Kopf in den Nacken zu legen und mit dem Gesicht zum Himmel gewandt den Strahlen die volle Breitseite zu bieten um die maximale Pigmentausbeute zu erhaschen. Zu ihrem größten Ärger bringen es die Medikamente in dieser Saison mit sich, daß sie sich dem Sonnenschein nur mit breitkrempigen Hüten und hohem Lichtschutzfaktor aussetzen darf. Es macht schon etwas traurig, mit anzusehen, wie sie sich durch die Krankheit von vielen Gewohnheite verabschieden mußte. Gleichzeitig bewundere ich sie, mit welcher Gelassenheit sie das tut und mit welcher Entschlossenheit sie alles dem Ziel unterordnet, wieder gesund zu werden. Die ehemalige Lieblingskundin von Douglas verträgt kein parfümiertes makeup mehr und trägt ihre durch die Therapie angegriffene Gesichtshaut mit einer Würde zur Schau, das man für die Pickelchen kein Auge mehr hat. Für mich ist sie der lebende Beweis dafür, daß wahre Schönheit wirklich von innen kommt.

Bezüglich ihrer gesundheitlichen Gesamtsituation hangeln wir uns von Strohhalm zu Strohhalm. Nachdem sie ihrem Onkologen mittlerweile die Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hat, baten wir um eine Überweisung zu einer Konsultation an die Uniklinik in Halle. Dieser Termin hat in der letzten Woche stattgefunden und wir wurden zumindest mit der Zuversicht entlassen, daß es weitere Ideen gibt, Tanja zu helfen, wenn die aktuelle Therapie nicht mehr ansprechen sollte. Leider ist der Tumor ein ebensolches Hartholz wie seine Wirtin: er ist genauso zäh und intelligent und fand bisher über kurz oder lang jedesmal eine Strategie, der Chemo zu widerstehen. Zähneknirschend haben wir uns damit abgefunden, daß dem Bösewicht mit dem Messer wahrscheinlich nicht beizukommen sein wird. Wir müssen uns also mit ihm arrangieren -aber der Chef ist Tanja !!
Wir haben die Unikilinik also recht zuversichtlich verlassen und haben zur Abrundung des Tages noch eine Stippvisite bei Sascha in Leipzig gemacht. Dieser Besuch, so wie auch jeder andere Kontakt zu unserem Sohn hat neben der normalen Wiedersehensfreude immer noch eine außerordentliche therapeutische Wirkung für Tanja. Auch ich möchte ihm an dieser Stelle nocheinmal sagen, wie stolz wir auf ihn sind und daß wir seinen Entscheidungen, wenn sie für uns vielleicht auch nicht immer gleich plausibel erscheinen, voll vertrauen.

Dienstag, 22. April 2008

Ob blond, ob braun ...

22. April 2008

Es ist wieder Zeit für einen kleinen Lagebericht. Ich hatte garnicht realisiert, daß der letzte Eintrag schon über dem Verfallsdatum liegt. Für uns vergehen die Wochen rasend schnell. Mit den kleinen Aufs und Abs wollten wir hier niemanden langweilen.

Von außen betrachtet hat sich nichts verändert. Auf Tanjas Speiseplan stehen nach wie vor die Infusionen an erster Stelle. Normale Ernährung ist wie russisches Roulette - einzig mit dem Unterschied, daß fünf Patronen in der Trommel stecken. Damit kommen wir inzwischen ganz gut klar. Ich habe mich daran gewöhnt, mir ohne schlechtes Gewissen beim Essen zuschauen zu lassen und Tanja macht es (fast) nichts mehr aus, beim Schlafen an die Suppentüte gekettet zu sein. Fast haben wir vergessen, wie es vorher war.

Wir würden diesen Zustand sogar für alle Ewigkeit akzeptieren. Die Krankheit hat es geschafft, unseren Blick auf das Wesentliche zu lenken. Wir sind in einem Maße glücklich miteinander, wie wir es vorher nicht für möglich gehalten hätten und haben nur den einen Wunsch, diesen Kelch nicht bis zur Neige leeren zu müssen.

Leider gaben die Erkenntnisse der letzten Woche keinen Anlass zu gesteigertem Optimismus. Anhand der Ultraschallergebnisse sieht es so aus, als würde die bisherige Therapie nicht mehr funktionieren. Zum Glück gibt es noch eine Antikörpertherapie, die bei Tanja angewandt werden kann. Vectibix ist ein Medikament, das ähnlich wie Erbitux, was Tanja vorher bekam, an die Rezeptoren der Tumorzellen andocken soll, um so deren Wachstum zu verhindern. Leider gibt es hier in Deutschland noch nicht sehr viel Erfahrungen damit, aber wir bringen ihm trotzdem einen großen Vetrauensvorschuß entgegen.

Die neue Therapie verläuft auch in einem anderen Rythmus: Tanja muß nun nur noch alle 14 Tage in die Tagesklinik. Dadurch verlängern sich die Erholungspausen, was ihrem Allgemeinbefinden sicherlich zugute kommt.

Bei all diesen Sorgen versuchen wir aber, unseren Tagesablauf so normal wie möglich weiterzuleben. Tanja geht (mit seltenen Ausnahmen) für einige Stunden ins Büro, trifft sich mit ihren Freundinnen und geht zum Gitarrenunterricht. Ich versuche, keine Trainingslücken entstehen zu lassen und gehe meinen anderen Hobbies nach.

Die gemeinsamen Stunden genießen wir ganz intensiv und schaffen es auch immer, uns gegenseitig wieder aufzurichten, wenn doch einer einmal einen Hänger hat (meist bin ich es).


Nun seid Ihr ersteinmal wieder im Bilde. Vielleicht habt Ihr bemerkt, daß es auf der Seite (rechts oben) jetzt ein Gästebuch gibt, für das man keine Registrierung benötigt. Wir freuen uns über jeden Eintrag.


Vor kurzem lief im ZDF ein Beitrag über Sophie van der Stap- eine junge Holländerin, die sich ebenfalls der Diagnose Krebs stellen mußte. Solche Berichte sind es, die uns den Mut nicht verlieren lassen. Tanja ist übrigens auf dem besten Wege, Sophie in der Perückenanzahl zu übertreffen. Anbei zum Beweis ein unzensiertes Gruppenfoto

Donnerstag, 20. März 2008

Ei merweise Ostergrüße

20. März 2008

Nun steht also das Osterfest vor der Tür. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Gerade noch hat Tanja zum Neujahrsfest vor einer Moskauer Kloschüssel in einer winzigen, fensterlosen Plattenbauzelle gekniet. Zu Ostern hat sich das Bild schon drastisch verbessert. Die Keramik ist jetzt von Villeroy & Boch und steht in einem lichtdurchfluteten, fußbodenbeheizten Nobelbadezimmer in der Nordharzmetropole Abbenrode. Dafür ist die Aufzählung der Köstlichkeiten, die sie zum Fest nicht essen kann etwas bescheidener geworden. Waren es in Moskau noch Kaviar, Pelmeni und Borstsch, die vor sie hingestellt und unangetastet wieder abgeräumt wurden, werden es zu Ostern nur noch hartgekochte Eier und einfache, schnellzuzubereitende Mahlzeiten sein.
Mit der Nahrungsaufnahme hat Tanja nach wie vor ihre Probleme. Jeder Versuch, von der Kosmonautennahrung via Transfusion loszukommen bzw. wenigstens ihren Anteil zu reduzieren, endete bislang in einer Sackgasse. Sie verlor mühsam angetropfte Pfunde und damit auch Kraft. In Kombination mit permanenter Übelkeit (Tanja hat dafür übrigens einen netten Begriff geprägt, den sogar schon die Ärzte im Krankenhaus benutzen: ihr ist „mummelig“) wurde sie praktisch zur wandelnden Brechstange.
Seit ein paar Tagen ist es nun aber besser geworden. Sie hat dank der Powernahrung wieder etwas zugenommen und mußte sich auch nicht mehr übergeben.
Aufgrund der Feiertage wird auch mit der Chemotherapie ausgesetzt und mit dem richtigen Wellnessprogramm sollte sie am Mittwoch wieder fit sein fürs Büro.
So ist also momentan der Stand der Dinge.
Euch wünschen wir ein frohes Osterfest und ein paar angenehme Tage.

Sonntag, 24. Februar 2008

Katzen auf der Couch

24. Februar 2008

Seit dem letzten Eintrag hat sich nicht viel verändert. Manchmal scheint das Eichhörnchen etwas im Vorteil zu sein, aber wenn Tanja dann zur "Tütensuppe" greift, wird es im Rückspiegel wieder kleiner. Darüber, daß sie deswegen vielleicht in die Dopingecke gestellt werden könnte, machen wir uns momentan keine Gedanken. Schließlich hat man ihrem großen Vorbild Lance auch niemals etwas beweisen können.
Die letzten Wochen hat Tanja wieder gearbeitet. Die Chemotherapie wird immer freitags verabreicht und bis zum Montag konnte sie sich immer so weit regenerieren, daß ihr der Vierstundentag im Büro ganz gut bekommt. Auch ihren normalen Freizeitaktivitäten versucht sie möglichst nachzugehen. Zwischendurch muß sie sich natürlich immer mal wieder ausruhen. Der Organismus ist nicht auszutricksen. Wenn er nicht genügend Brennstoffe bekommt und nebenbei immer noch mit Giftstoffen bombardiert wird, schaltet er auf stur und will aufs Sofa. Der Einzige, der das toll findet, ist Otto.

Mittwoch, 6. Februar 2008

Auge um Auge

06. Februar 2007



Wie hätte es auch anders sein sollen. Das Eichhörnchen hat zwischendurch mächtig aufgeholt. Tanja hatte seit letztem Freitag, sich auf der Zielgeraden wähnend, die Powernahrung via Infusion abgewählt. Es war ja auch ziemlich anstrengend und lästig, dauernd dieKalorienpumpe am Hacken hängen zu haben. Jeder Gang zur Toilette in der Nacht wurde zum Abenteuer und für alle Beteiligten ein Erlebnis.

Leider fing aber der Magen an zu bocken, als er wieder allein für die Verdauung zuständig sein sollte. Im Ergebnis mußte Tanja von den mühsam erarbeiteten Pfunden wieder etliche zur Flotte geben. Schuld daran war mit Sicherheit auch die erhöhte Chemodosis vom Freitag.

Nun haben wir eine neue Taktik gewählt: Seit gestern wird nachts wieder aus dem Tropf genascht und für den Tag haben wir überall in der Wohnung kleine Snacks verteilt- Zwieback, Trockenfrüchte, Bananen, Gläser mit Kindernahrung; kurz alles, wovon wir denken, daß sie spontan Appetit darauf bekommen könnte und sie es dann auch gut verträgt. Das funktionierte auch bis vorhin recht gut. Aber dann brachte mich ihr Wunsch nach einem Döner einigermaßen aus der Fassung. Um solch eine Kalorienbombe mußte sie mich natürlich nicht zweimal bitten. Was konnte schon großartig passieren, als daß er seinen Vorgängern ins Klo folgte ? Sie hat auch mit gutem Appetit fast die Hälfte verputzt und bis jetzt toi, toi, toi ...

Nu, Eichhörnchen, pogodi !!

Sonntag, 27. Januar 2008

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen...

27. Januar 2008
... da hat es wohl Pech gehabt. Bei Tanja funktioniert das schon wieder sehr viel besser. Es sind zwar immer nur kleine Mengen, die sie essen kann, aber wir haben ja noch die Kalorienbomben aus der Retorte. Der Zeiger an der Waage bewegt sich auch in die richtige Richtung- der kleine Zwischenfall scheint ausgestanden. Die Chemo läuft nach Plan und morgen will sie es mal wieder mit Arbeit versuchen.
Noch Fragen?

Dienstag, 8. Januar 2008

Kurzer Lagebericht

08. Januar 2008

Heute sieht die Welt schon wieder etwas freundlicher aus. Die Kosmonautennahrung hat Tanja ihre Kraft (fast) wieder zurückgebracht.
Die Umstellung auf normale Kost (bisher ersteinmal in flüssiger bzw. breiiger Form) hat begonnen. Die Brühe von gestern abend hatte sich zwar recht schnell wieder in die Kloschüssel verabschiedet, aber das mag daran gelegen haben, daß sie sehr salzig und fettig war. Heute hat Tanja eine große Portion Kontrastmittel vor der CT-Untersuchung spielend bewältigt und auch die Milchsuppe zum Abendbrot und ein Eis als Vorspeise haben nach meinem derzeitigen Kenntnisstand den Weg zum Dickdarm gefunden. Wir waren uns mit dem Chirurgen einig, daß damit der Nachweis der ordnungsgemäßen Durchlässigkeit des Darmtraktes erbracht ist und er ersteinmal das Messer beiseite legen kann. Weiteren Aufschluß über die Ursachen der Störung wird vielleicht die Auswertung der CT-Bilder ergeben, die allerdings erst morgen vorliegen wird.
Morgen wird sicher auch entschieden, wann und wie die Chemotherapie fortgesetzt wird.

Bei meinen Internetrecherchen bin ich auf einen Artikel gestoßen, der mich sehr beeindruckt hat. Ich habe lange mit mir gerungen, ob es richtig ist, im Kontext dieses Blogs darauf zu verweisen, da für uns das Thema Sterben überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht - im Gegenteil!
Deshalb möchte ich ausdrücklich betonen, daß ich einzig die menschliche Größe und Lebenslust als Parallele zu Tanjas Fall anerkenne.

Lest bitte hier.

Vielleicht nutzt Ihr hin und wieder mal die Kommentarfunktion des Blogs. Ein bischen feedback wäre sicher auch insofern nicht schlecht, als daß ich merke, daß hier wenigstens hin und wieder jemand vorbeischaut.


13. Januar 2008

Hinter uns liegt eine aufregende Woche. Tanja hat eine wahren Untersuchungsmarathon über sich ergehen lassen. Die Ursache für den Flüssigkeitsstau konnte jedoch nicht eindeutig geklärt werden. Am wahrscheinlichsten erscheint, daß die Perestaltik gestört ist.
Der Pharmaindustrie sei Dank, daß Tanja aber wieder etwas zu Kräften gekommen ist. Gestern wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen, da der Genesungsprozeß in den eigenen vier Wänden sicher noch einen Zacken schneller voranschreitet. Allerdings bekommt sie ihr Essen zunächst noch an einer langen Stange auf Rädern. Eine nette Schwester hat uns gestern ausführlich in die Kunst der Flüssignahrungsaufbereitung eingeführt und mit uns geübt, wie man den Tropf an- und wieder abklemmt. Tanja muß jetzt nur noch daran denken, daß die Türen in unserer Wohnung nicht so hoch sind, wie die im Krankenhaus...
Natürlich versuchen wir nebenbei auch die normale Nahrungsaufnahme wieder zu aktivieren. Es klappt auch von Tag zu Tag etwas besser. Heute zeigte die Waage bereits wieder 50,9 kg- der Umkehrpunkt lag bei 47 kg.

Samstag, 5. Januar 2008

Mit verhaltenem Schwung in ein hoffentlich gutes neues Jahr


05. Januar 2008

Dem Bild nach zu urteilen könnte es sehr schön gewesen sein. Moskau hatte sich für das Neujahrsfest mächtig in Schale geschmissen. Leider konnten wir die Pracht nur auf einer kurzen Stippvisite im Stadtzentrum und auch nicht ganz unbeschwert geniessen. Tanja hatte während des ganzen Urlaubs mit Übelkeit zu kämpfen und konnte nichts bei sich behalten. Selbst mit dem Trinken hatte sie Probleme. Aus diesem Grund haben wir schweren Herzens die Heimreise vorverlegen müssen.
Seit gestern ist sie nun wieder in bewährten Händen im Krankenhaus in Wernigerode. Bei einer umgehend durchgeführten Ultraschalluntersuchung wurde festgestellt, daß ihr Magen prall mit Flüssigkeit gefüllt ist, die nicht abfließen kann. Diese wird momentan über eine Magensonde abgeführt. Parallel dazu hängt eine beträchtliche Menge leckerer Speisen in Beuteln und Flaschen an einem Gestänge neben ihrem Bett, die sie sich komfortabel über einen Schlauch direkt in die Blutbahn einverleibt. Der Moskautripp hat sie einige Kilogramm Körpergewicht gekostet, die nun schleunigst wieder auf die Rippen müssen.
Für mich war es immerhin beruhigend zu sehen, wie mit den ersten Nährstoffen auch die Farbe in ihr Gesicht zurückkehrte und auch die Zuversicht.
Nun wird sie über das Wochenende erstmal wieder aufgepäppelt und ab Montag werden sicherlich weitere Untersuchungen den Grund für diesen Zustand ans Tageslicht bringen. Hoffentlich ist es nichts Ernstes.